Über bürokratische Drachen, platte Reifen und ungesundes Baden
Nach stündigem Flug sind wir wieder mal am Melbourner Flughafen angekommen. Diesmal sind wir aber, ohne einen Besuch bei unserer Lieblingsschiebetüre, direkt in die Stadt gefahren. Unsere
Mission, einen fahrbaren Untersatz für die nächsten Monate zu finden. Bereits in Tasmanien haben wir, mit Hilfe von Ross, Online einen geeigneten Van gesucht und gefunden. Wir mussten jetzt
eigentlich nur noch den Verkäufer kontaktieren und einen Übergabeort vereinbaren. Eigentlich!
Im Staat Victoria muss man beim Umschreiben der Registrierung ein sogenanntes Roadworthy Certificate, vergleichbar mit unserer MFK, vorlegen. Diese muss der Verkäufer vor dem Verkauf bei einer
lizenzierten Garage erledigen.
Da man einerseits sowieso keine Bezahlung zu erwarten hat und es andererseits eh nicht viel zu arbeiten gibt verlieren bezahlte Feiertage auf Reisen massiv an Bedeutung. So haben wir die
bevorstehenden Ostern völlig vergessen. Wegen den kommenden Feiertagen war es dem Verkäufer nicht möglich einen Termin bei einer Garage zu bekommen. Zum Glück gab es die Möglichkeit die
Registrierung ohne dieses Certifikat umzuschreiben und es innert 28 Tagen nachzuliefern. So mussten wir jetz eigentlich nur noch mit unserer Verkaufsbestätigung zum Verkehrsamt und könnten dann
bis nach Ostern rumfahren. Eigentlich!
Wir hatten uns ja vorbereitet und wussten dass man für die Registrierung eine Adresse in Australien vorweisen muss. So haben wir die Adresse von Ross und Meredith in Tasmanien und die Adresse
unseres Hostels dabei.
Nummer RT 23 Counter 5 flüsterte eine monoton freundliche Computerstimme
Wir wissen nicht genau was mit diesem Drachen in Frauenkleidern hinter Counter 5 los war, ob sie einen schlechten Tag hatte, ob sie mit der Gesamtsituation, also ihrem Leben, unzufrieden war oder
ob sie einfach grundsätzlich ein Arschloch ist, aber sie machte uns ziemlich unfreundlich klar das wir nicht beweisen können das wir an den mitgebrachten Adressen wirklich Leben und somit keine
Registration möglich sei. Punkt! Und schon stiess die freundliche Computerstimme im Hintergrund einen neuen Kunden in den planzerstörenden Rachen des Drachen.
Ich glaube äusserlich war ich ziemlich ruhig, aber wer mich kennt weiss wie ich auf Menschen reagiere, welche im Dienstleistungsbereich arbeiten und sich, hinter administrativem Bullshit
versteckend, weigern Dienst zu leisten. So schossen mir Sätze wie: Blow me doch in my shoes! I'll show you schono where the beardly the cidre picks up du pointly shiter du. You can me mol
crosswise you sheepcock you, durch den Kopf.
Wir wussten, dass es mit einer Adresse von einem Hostel eigendlich gehen sollte und so haben wir es, nach zwei ratlosen Stunden, nochmals probiert und gehofft, dass es die Computerstimme besser
mit uns meint. Und siehe da! Kein Drache, keine Probleme.
Nach Ostern konnten wir dann, zusammen mit dem Verkäufer, die Roadworthy erledigen, auf dem Verkehrsamt abgeben und waren endlich ready für unseren Roadtrip.
Eigentlich war diese Wartezeit gar nicht so schlecht denn so konnten wir uns ein wenig an Paul-Horscht gewöhnen und im Praxistest schauen was wir noch so brauchen. Die 5 Tage standen ganz im
Zeichen von Pimp my Horscht
Ach ja! Versicherungen mussten ja auch noch abgeschlossen werden, und dies auf Englisch. Das ganze ging eigentlich recht gut obwohl wir ehrlich gesagt nicht ganz sicher sind was wir da genau
abgeschlossen haben.
Zwei Sachen gab es vor dem eigentlichen Start unseres Trips noch zu erledigen. Da bei Horscht leider die Tankanzeige ihren Dienst verweigert und wir nicht sicher waren wie gross der Tank war,
mussten wir erstmal einen Kanister kaufen, den Tank füllen, danach leer fahren und wieder füllen. Jetzt wissen wir, dass unser Tank 60 Liter fasst und wir damit ca. 500 km kommen. Nach jedem
Tanken müssen wir nun die Kilometerzahl aufschreiben und wissen so wann wir wieder tanken müssen. Für allfällige Verrechner haben wir noch 30 Liter Reserve dabei was hier in Australien gar nicht
schlecht ist.
Ebenfalls mussten wir neue Rollen für unserer Schiebetüre finden da wir bei jedem Gebrauch den ganzen Campinplatz aufgeweckt haben. Gar nicht so einfach bei einem 31jährigen Auto. Auf einem
Autoschrottplatz konnten wir dann dieselbigen an einem ausrangierten Artgenossen abschrauben und haben somit all unseren künftigen Campingnachbaren einen riesen gefallen gemacht.
Wir sind also in Melbourne losgefahren und entlang der Great Ocean Road bis nach Adelaide gefahren. Nach einem kleinen Abstecher auf die Eyre Peninsula unterhalb Adelaide haben wir uns auf den
Weg gemacht ganz Australien quer durch das rote Zentrum zu durchqueren. Auf diesen 2.979 Km von Adelaide bis Darwin haben wir vier Klimazonen und 22,5 Breitengrade durchquert und sind auf manch
interessante Person, atemberaubende Landschaften, erstaunliche Bauwerke, wilde Tiere und herausragende Ingenieurleistungen gestossen.
Da war der Oodnadatta Treck auf dem wir 400 km auf staubigen Gravelroads durch menschenleeren Outback gefahren sind. Da war die Minenstadt Cober Pedy aus der 85% des weltweiten Opalvorkommens
stammt und in der 80% der Bewohner unterirdisch in alten Minen wohnen. Ein raues Pflaster, geprägt vom Fluch und Segen eines discolichtfarbenen Edelsteins der Existenzen schafft und zerstört.
Wir trafen auf Geri der in Cober Pedy Camper für 5 Dollar in seinem Garten übernachten lässt nur um dem Stadtpräsidenten, welcher gleichzeitig Besitzer des Holiday Parks ist und darum alle
Gratisplätze geschlossen hatt, eins auszuwischen. Ihm kam zu Ohren, dass wir uns gerade durch den bürokratischen Onlinedschungel kämpfen, um unser Visa zu verlängern und uns über die Höhe des
Preises aufregten. Er streckte seinen, von der Mienenarbeit geschundenen Mittelfinger gegen den Himmel, fluchte laut über die Regirung und sagte uns dass falls wir Ärger mit der Regierung haben
wir noch Wochen gratis in seinem Garten wohnen können
Da war das australische Pärchen Ross und Dean welche genau wie wir, alle arbeitsweltlichen Zwänge hinter sich gelassen haben und mit uns zusammen für 4 Tage eine Wüstenkaravane bildeten. Sie sind
ein ganzes Jahr in "ihrem" Australien unterwegs und wir haben uns vorgestellt wie es sein würde, ein Jahr lang durch "unsere" Schweiz zu reisen. Wir glauben viel würde nicht unendeckt bleiben
Wir kamen am Dogfence vorbei, ein Zaun der die Schafweiden im Süden des Kontinents vor Raubtieren, hauptsächlich Dingos, aber auch Füchsen, schützen soll. Er ist mit einer Länge von 5412 km auf
den Gebieten der Bundesstaaten South Australia, New South Wales und Queensland, der längste ununterbrochene Zaun und das längste Bauwerk der Welt.
Da waren die vielen Aboriginies welche oft biertrinkend irgendwo im Schatten sitzen und die Zeit totschlagen.Wandelnde Mahnmale jahrelanger Unterdrückung und einer gescheiterten
Integrationspolitik. Irgendwie erschreckend zu sehen wie es in einem so westlich geprägten Land eine solche Zweiklassengesellschaft geben kann.
Wir wissen bis jetz noch nicht wie das gehen kann, aber auf der Strecke von Cober Pedy nach Alice Springs haben unsere beiden Hinterreifen gleichzeitig schlapp gemacht. Wir hatten zwar zwei
Ersatzreifen dabei wovon einer aber ebenfalls an Luftinkontinez litt. Rechnet man dies zusammen hatten wir also drei gute Reifen an unserem Auto was halt einfach einer zu wenig ist um wirklich
voranzukommen. So sassen wir für 8 Stunden an einer Tankstelle mitten im Outback fest bis wir einen neuen Reifen auftreiben konnten.
Wir sahen den Uluru und die Katja Tjanta, riesige Steinformationen welche einfach so im niergendwo aus dem Boden ragen. Oder den Kingscanyon, ein gigantischer Riss in der Erdkruste mitten in der
Wüste. Fragwürdig fanden wir nur, dass man 50 Dollar bezahlen muss, um den bekannten Monoliten zu sehen. Der ist ja seit Jahrmilionen genau an diesem Platz ohne das jemand etwas dafür getan hat.
Klar eine Strasse musste gebaut werden, aber bei einer jährlichen Besucherzahl von ueber einer halben Million ist diese Strasse wohl schon längst bezahlt. Trotzdem, der Stein ist etwas ganz
besonderes und gerade während des Sonnenunterganges wunderschön.
Hier hatt sich dann einer unserer Vorderreifen dazu endschieden eine innige Beziehung mit einem australischen Nagel einzugehen und so mussten wir schon wieder Reifen kaufen. Es ist nicht dass es
passiert ist, 4 neue Reifen waren von Beginn an in unserem Budget, sondern wo es passiert ist. Denn wo es im Umkreis von 300km nur eine Garage gibt herscht hald nur sehr wenig Preisdruck. Jetzt
ist unser Paul- Horst aber mit vier brandneuen outback truck tyres ausgestattet.
Da waren die vielen Nächte im Australischen Bush am Campfeuer unter gigantischen Sternenhimmel
Für Australien gibt es Wikicamp Australia eine App mit allen Plätzen wo man gratis campieren kann. Die Orte sind nicht immer ausgewiesene Campimgplätze, sondern oft inoffiziell offizielle
Möglichkeiten die Nacht zu verbringen. So haben wir bis jetzt schon auf einem Cricketfeld, einem Hinterhof, auf einem zugewachsenen Flugfeld aus dem 2. Weltkrieg, neben einem verlassenen Bahnhof
mitten in der Wüste, auf Raststätten, in einer Kiesgrube oder einfach irgendwo draussen im australischen Bush, übernachtet.
Für uns gehören, im Gegensatz zu manch einem gestressten Maui, Apollo oder Britzpiloten, die Abende vor unserem Van genauso zum Reiseerlebniss wie alle Sehenwürdigkeiten. So sind wir oft die
ersten an einem Schlafplatz und die letzten die sich auf den Weg machen. Ok es hat ja auch nicht jeder 4 Monate Zeit.
Wir traffen auf unzählige Road Trains. Die mit bis zu vier Anhängern ausgestatteten, und über 50m langen Monstertrucks, haben uns beim Kreuzen jedesmal fast von der Strasse geblasen.
Da war die kleine Maus welche sich so laut durch unsere Essensvorräte wühlte dass keine Chance bestand Schlaf zu finden. Nach einer hinterlistigen, aber erfolgreichen Fangaktion wollte der etwas
tierliebendere Teil unserer Reisegruppe die Maus, nicht wie vom anderen Teil der Reisegruppe vorgeschlagen, im Tupperware gefangenhalten, sondern sie, hundert Meter vom Van entfernt, sofort
wieder freilassen. Der kleine Störefried war vor Domi wieder in unserem Van. Auf den 200 km Schotterpiste am kommenden Tag wurde der tierische Besucher dann aber unsanft aus dem Chassie
geschüttelt
Da waren die "Salties" im Adelaide River nahe Darwin. Die bis zu 6m langen Salzwasserkrokodile sind neben den tödlichen boxjellyfishs, Haien und Wasserschlschlangen ein weiterer Grund warum der
Aufenthalt in den Gewässern im Norden Australiens sehr ungesund sein kann
Als wir zum Abschluss diesen Bericht nomals durchgelesen haben viel uns auf, dass allfällige Leser ein etwas schlechtes Bild von unserem Reisegefährt erhalten könnten. Um dies noch klahrzustellen
Paul-Horst macht es echt super und hat uns, mit Ausnahme einiger Aussetzer, sicher vom Süden in den Norden gebracht. Die kleinen Aussetzer sind bei einem Auto mit Jahrgang 1984 wohl normal.
Aproppo 31 jähriges Auto.
Zwischen uns und unserem gleichaltrigen Reisegefährt lassen sich so einige Paralellen endtecken.
Da und dort sind bereits einige kleinere Falten und Dellen in der Karosserie zu endtecken.
Das Anlaufen am Morgen gelingt nicht immer aufs erste mal. Der nicht springende Funken sozusagen als Snoozefunktion eines Motors. Nach steilen Aufstiegen braucht es etwas länger um wieder
abzukühlen.
Es gibt da und dort Gelenke die etwas quietschen oder erst nach einigen Minuten richtig rund laufen.
Ein grosser Unterschied gibt es jedoch. Nach grossem Getanke zeigt unser Grosser am nächsten Morgen, ausser den oben genannten, keine weiteren Anzeichen eines Hangovers.
Auf Australischen Strassen, vorallem auf abgelegenen, ist es üblich, entgegenkommende Fahrzeuge zu Grüssen. Dies geschieht mit einem leichten heben des Zeigefingers vom Steuerrad. Um eine
vorzeitige Arttrose im selbigen Finger zu vermeiden haben wir uns eine, G'Day Mate ich grüss dich mal Finger Atrappe gebastelt. Funktioniert äusserst zuverlässig. In der Bildergalerie kann man
die Umsetzung unserer Idee betrachten.
Das Land hat, gerade für uns Schweizer, einfach gewaltige Dimensionen. So fährt man hier hald mal schnell die Strecke St.Gallen-Lausanne um zu Erfahren ob eine Sehenwürdigkeit auch des Sehens
würdig ist. Unser grosser Nachbar Deutschland passt locker in den Bundesstaat Queensland und 21 mal in ganz Australien.
Wen man von Rorschach die Strecke Adelaide-Darwin, also rund 3000km, nach Süden reisen würde, wäre man irgenwo an der Grenze zwischen Lybien und Mali und in Richtung Osten in der
zentralrussischen Stadt Kazan.
Diese Distanzen machen einerseits das Fahren etwas langweilig, andererseits macht es die Weite dieses Landes auch möglich sich immer wieder mal von der Zivilisation und deren Bewohnern zu
verabschieden. Obwohl man sich von der hiesigen Bevoelkerung nicht verstecken muss. Die Australier sind ziemlich gemuetlich unterwegs und, ausser einigen buerokratischen Monstern, sehr
freundlich. Beeindruckt waren wir von der Hilfsbereitschaft welche uns bei jedem erdenklichen Problem entgegengebracht wurde.
Unsere Reise geht nun eimal mehr rund 1800km durch den Outback bis nach Cairns an der Ostküste.
Von dort werden wir südlich bis nach Brisbane reisen wo wir versuchen unseren Paul-Horscht zu verkaufen.
Liebi Grüess us Untendrunter und bis bald!
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Runak und Liard (Dienstag, 30 Juni 2015 20:37)
Liebe Domis,
400 kilometer Gravel road....an einem Stück... Das muss euer Paradis sein :) Wie fährt so ein Van wenn man sie vergleicht mit dem Neuseeland Billiger Mietwagen (ohne Selbstbeteiligung)? Also, ein Auto kaufen oder mieten: wir würden auf holländisch sagen: 'Dat is andere koek'(das sind anderen Kuchen..? :D )
(Und nein keine andere Käse ;) ) Wir geniessen hier in Amsterdam wieder die Gouda. Aber vermissen das Reisen sehr...Manchmal istes alsob der Alltag die Reise schon ueberholt hat! Zum Glück können wir noch die Erfahrungen der Expeditionsreisefreunde Dominique und Dominic lesen, damit wir wieder ein bisschen mit den Gedanken unterwegs sind (wörtlich und auch im übertragenden Sinnen!). Hoffentlich geht euch alles gut. Ihr wird bald in Bali ankommen, oder? Sehr gespannt um euere neue Erlebnisse zu lesen....
Mach's gut und viele Gruesse aus Amsterdam (es ist ausnahmsweise heiss hier, 33 Grat!)
Runak (und auch von Liard)
f+m (Freitag, 24 Juli 2015 12:17)
vom 27.5. bis heute nichts getan? nichts unternomen? nichts gesehehen? nichts erlebt? Hiermit handelt es sich um eine längere Pause. Tut auch gut. Gruss aus dem sehr warmen Bodensee f + m