Sumatra

Über brennenden Müll, alte Busse und kleine Türen

Wie ja bereits mehrmals geschrieben sind wir keine grossen Stadtmenschen und so war es für uns keine wirkliche Option die verbleibenden 2 Wochen in oder um Jakarta zu verbringen. Das schöne an so einer langen Reise ist aber, dass man genau dies nicht muss, sondern spontan nach alternativen suchen kann. So sind zwischen, wohin sollen wir? und der Landung in Sumatras grössten Stadt Medan gerade mal 2 Tage vergangen.

Wir haben von mehreren Leuten gehört das das Reisen auf Sumatra viel Zeit in Anspruch nimmt und darum haben wir nur zwei Ziele für unsere Sumatra Stippvisite vorgenommen. Rückblickend war das genau die richtige Entscheidung, da gar nicht mehr machbar war.

In Sumatra gibt es wie in Borneo die Möglichkeit Orang Utans zu sehen. Da wir in Malaysia unsere orangen Cousins "nur" in Halbgefangenschaft gesehen haben, wollten wir diesmal versuchen, sie in der Wildnis zu finden. Dafür mussten wir von Medan über Berastagi bis weit in den Dschungel der Provinz Aceh fahren.

Wie in ganz Südostasien ist auch auf Sumatra der Bus das gängigste Reisemittel aber was hier, unter den Begriff Bus fallend, rümfährt würde jeden schweizer MFK Kontrolleur in eine tiefe Sinnkrise stürzen.

Den in Aceh liegenden Teil des Gunung Leuser Nationalpark können Touristen erst seit etwa 10 Jahren besuchen da dieses Gebiet lange ein Rückzugsort der Unabhängikeitsrebellen der GAM galt. Da wir euch nicht mit langen geschichtlichen Exkursen langweilen wollen, nur eine kurze Zusammenfassung was in dieser Region in den letzten hundert Jahren geschah.

Lange war Aceh ein eigenständiges Sultanat bis es erst von den Niederländischen Kolonialmacht und nach dem 2. Weltkrieg durch die indonesischen Zentralregierung unter Präsident Suhartho unterdrückt wurde. Immer wieder kam es in den folgenden Jahrzehnten zu Auseinandersetzungen mit der indonesischen Armee. Hasan Muhammad di Tiro, der eigentliche Tronfolger des Sultans, begann im Jahr 1976 mit dem Aufbau der Guerillabewegung Gerakan Aceh Merdeka, um so die regionale Unabhängigkeit zu erzwingen. Zwischen 1990 und 1998 war die Provinz inoffiziell militärisches Operationsgebiet („Daerah Operasi Militer“, DOM), wo die Armee relativ freie Hand hatte gegen diese Separatisten vorzugehen. Mehrere tausend Zivilisten, darunter viele Kinder und alte Menschen, wurden ums Leben gebracht. Willkürliche Verhaftungen, „Verschwindenlassen“ und Folter waren an der Tagesordnung. 

An die internationale Öffentlichkeit rückte der Bürgerkrieg erst, als im Dezember 2004 der Tsunami die Landschaft verwüstete und mindestens 160000 Todesopfer forderte. Im Zuge dieser Entwicklung und auf Druck der internationalen Unterstützer beim Wiederaufbau wurden erneut Friedensverhandlungen aufgenommen. Am 15. August 2005 unterzeichneten Vertreter der Regierung und die Bewegung Freies Aceh (GAM) in Helsinki ein Friedensabkommen welches unteranderem auch von der Schweiz überwacht wird.

Mit zwei Guides sind wir von dem kleinen Dörfchen Ketambe aus, gleich für drei Tage in den Dschungel, da erstens die Wahrscheinlichkeit einen Waldmenschen zu sehen im Wald einfach höher ist und zweitens die Matratze in unserer Unterkunft in Sachen Krabeltier pro cm2 ohnehin dem Dschungelboden erschreckend nahe kam. Es waren sehr entspannte Tage mit vielen Tieren, gutem Essen, Baden in heissen Quellen, und gemütlichem Zusammensitzen am, für Indonesien so typischen, Müllfeuer.

Ach ja! Indonesische Rätselspiele mussten wir auch noch lösen. Als wir die, für den Geschmack unserer Guides, etwas zu schnell gelöst hatten haben die zwei angefangen weitere Knobelaufgaben zu erfinden. Diese waren für unsere europäischen Gehirne nicht mehr ganz so logisch haben aber haben auf der asiatischen Gegenseite für lautes Gelächter gesorgt. Zum Ganzen muss noch gesagt werden dass der Verlauf des Abend stark unter dem Einfluss eines komisch riechenden Krautes stand welches wir andauernd rauchen mussten.

Wir geben uns ja immer Mühe mindestens die wichtigsten Wörter in der jeweiligen Landessprache zu beherschen. Hier haben wir aber gemerkt, dass dies einem in Indonesien nicht mal so viel bringt. Den Indonesisch ist nur für etwa 20 Millionen die eigentliche Muttersprache. Die anderen 220 Millionen sprechen eine der über 250 Sprachen welche es in diesem Land gibt.

Auch auf dem Weg an den Toba See haben wir wieder in Berastagi haltgemacht Dies nicht nur um die Reise zu verkürzen, sondern auch um nochmals im gleichen Guesthouse essen zu können.

Dieses Restaurant hatte eine unglaubliche Auswahl an Gerichten. Das wirklich erstaunliche war aber, dass alles äusserst lecker war und die Bestellung ohne das sonst übliche: Oh Sorry! No hab today, vonstatten ging.

Um nochmals zum langsamen Reisetempo zurückzukommen. Für die 160 km von Ketambe nach Berastagi haben wir geschlagene 9 Stunden gebraucht. Dies zusammengepfärcht mit 10 Einheimischen in einem Bus der grösse unseres Campervan in Australien.

Eigentlich wären es nur etwa 3 Stunden, wenn folgende Umstände gegeben sind: Der Fahrer muss nicht für ein Gebet kurz in eine Moschee, die Strasse besteht nicht für mehrere Kilometer aus einem einzigen Schlagloch, es wird nicht in jedem Dörfchen angehalten um Personen, Pakete, Tiere, Reifen oder Geld zu tauschen, die Strassen sind nicht völlig verstopft (wird übrigens nie passieren), es wird nicht angehalten um in einem Partnerrestaurant zu Essen, der Fahrer muss nicht Anhalten um irgendwo eine Dusche zu nehmen, der Bus hat keine technischen Probleme und es gibt keinen Halt weil irgend ein Dorfpolizist unbedingt mal Schweizer Pässe sehen will.

Das nächste Ziel war die Insel Samosir welche mitten im Tobasee südeestlich von Medan liegt.

Der Tobasee liegt in einem vulkanisch-tektonischen Kesseleinbruch, 77 km südlich der Provinzhauptstadt Medan. Das Niveau des Sees liegt auf 900 müM und ist mit einer grösse von 1770 km2 der größte Kratersee der Erde. 

Entstanden ist der Tobasees durch die Eruption des SupervulkansToba vor 73.900 Jahren. Man geht davon aus, dass es sich um den größten Vulkanausbruch der vergangenen zwei Millionen Jahre gehandelt hat. Vulkanische Asche des Ausbruchs findet man im gesamten Indischen Ozean und in weiten Teilen Indiens. Schätzungen zufolge wurden 2800 Kubikkilometer vulkanischen Materials bis in 80 km Höhe geschleudert und verteilten sich in der Atmosphäre. Darauf folgte eine Abkühlung des Weltklimas, ein so genannter vulkanischer Winter.

Leider gibt es in der Bildergalerie keine Fotos von dem See da zur Zeit unseres Aufenthaltes riesige Waldgebiete in Flammen standen und der Rauch die ganze Region in dicken Smog hüllten. Uns wurde gesagt, dass man nicht genau wisse warum immer wieder riesige Waldflächen in Flammen stehen. Komischerweise stehe aber einige Jahre später genau da eine Palmölplantage.

Am See angekommen, sind wir auf die kleine Insel Samosir gefahren und haben im Dörfchen Tuk Tuk die Seele baumeln lassen.

Gewohnt haben wir für die fünf Tage in einem traditionellen Batakhaus welches leider für einen Teil unserer Reisegruppe etwas zu kleine Türen hatte. Dies in Verbindung mit Ihrer vererbten Tendenz den Kopf an irgendwas anzuschlagen führte zu einer riesigen Beule. Für den St.Gallerischen Teil der Reisegruppe ist dies sehr erstaunlich, weil man ja davon ausgehen könnte, dass jemand aus unserem Nachbarkanton mit einer niedrigen Bauweise umgehen kann.

Die Batak sind übrigens die ürsprünglichen Bewohner dieser Region.

Sie pflegten eine kriegerische Kultur mit vielen Kämpfen zwischen den einzelnen Dörfern. Sie praktizierten Pupuk, eine Art schwarze Magie, welche auch Kopfjägerei und rituellen Kannibalismus beinhaltete. Die Opfer wurden mit Chilli und Knoblauch eingerieben und dann zum Tode durch Essen verurteilt. Belegt ist auch die rituelle Einnahme von halluzinogener Pilze. Heute sind sie bedeutend friedlicher gestimmt, haben das Schwert gegen die Gitarre getauscht und gelten als die musikaliste Volksgruppe Indonesiens. Behalten haben sie anscheinend den hang zu den kleinen magischen Pilzen. Dadurch lässt sich auch erklären, warum hier an jedem dritten Haus, grosse bunte Tafeln für frische Zauberpilze warben. Dies ist umso erstaunlicher, da Indonesien eines der schärfsten Antidrogengesetze der Welt hat.

Wen man also von seinem Nachtessen keine bewusstseinserweiternde Wirkung erwartet, sollte man hier von Gerichten mit dem Zusatz Magic, Special oder Happy besser die Finger lassen.

Noch kurz was anderes zum Thema essen. Wir haben in Indonesien den heimlichen König der Süssspeisen endteckt. Martabak Manis ein indonesischer Riesenpfannkuchen gefüllt mit Schokolade, Haselnüssen, Kondensmilch und einer wirklich königlichen Menge an Butter. Ein himmlischer Genuss, auch wenn die Kalorienzahl sicherlich sechstellig ist und jeden Weightwatcher Punkterechner überfordern würde.

Nach dem Tobasee war unser Sumatrakurzbesuch bereits wieder zu Ende und wir mussten nach Medan zurück um von da wieder nach Jakarta zu fliegen. Wer die Karte von Südostasien im Kopf hatt merkt das dies ein Fussabdruckvergrösserder Umweg ist. Es war aber leider nicht anderst möglich da die Indonesischen Behörden offiziell bei der Einreise einen Ausreiseflug sehen wollen und wir so diesen Flug bereits vor zwei Monaten gebucht hatten. Vorweisen mussten wir diesen, von vielen Ländern geforderte Ausreiseflug noch nie

Wir melden uns bald wieder aus Kambodscha und wünschen euch bis dahin eine gute Zeit

Ganz liebe grüsse von uns zwei