kambodscha

Über rote Verbrechen, schwimmende Dörfer und brennende Fragen

Mit Kambodscha sind wir in unserer zweitletzten Station in Südostasien angekommen. Gelandet sind wir in Phnom Penh, von wo wir quer durch, bis zur laotischen Grenze im Norden gereist sind. Die Perle Asiens wurde die Stadt früher genannt. Doch die 1373 gegründete Stadt hat viel von seiner Pracht verloren, da sie im Laufe der Jahrhunderte vielfach unter den Auswirkungen von kriegerischen Auseinandersetzungen zu leiden hatte. Besonders schlimm war das letzte Jahrhundert. Erst durch die Vertreibung der Roten Khmer konnte sich Phnom Penh wieder weiter entwickeln und ist heute eine aufstrebende Minimetropole. Irgendwie Metropole, denn es gibt einzele moderne Hochhäuser, Banken und grosse Hotels, aber irgendwie auch Dorf mit unbefestigten Strassen und kleinen Märkten. Bei einer Reise in dieses Land stösst man sehr schnell auf den Begriff der roten Khmer. Klar hat man schon mal davon gehört und weiss vielleicht auch grob was damals geschah. Doch beim Besuch der beiden Gedenkstätten Tuol Sleng und Choeung Ek wurde uns klar, dass unsere Vorstellung dieser Geschehnisse in keinster Weise dem Entsprach, was hier vor 35 Jahren Kambodschaner eigenen Landsleuten angetan haben. Hier eine kurze Zusammenfassung was damals geschah und wie es dazu kommen konnte.Das Chaos in der Zeit des Vietnamkrieges, zwischen 1970 und 1975, führte zu einer massiven Instabilität. Diese nutzten die Roten Khmer unter Pol Pot, um die von den USA unterstützte Regierung Lon Nol zu stürzen und an die Macht zu gelangen. Am 17. April 1975 konnten die Roten Khmer die Hauptstadt Phnom Penh einnehmen. Der Plan der Roten Khmer war es, ein radikal-kommunistisches System zu etablieren. Sie wollten eine ursprüngliche, von Landwirtschaft geprägte Gesellschaft schaffen. Dafür teilten sie die Bevölkerung in ein "altes" und "neues" Volk ein: Die städtische Bevölkerung, das "neue Volk", war der Klassenfeind, der sich an den Erträgen der ländlichen Bevölkerung bereichere. Daher sollten alle Städte evakuiert und die Menschen zur Landarbeit gezwungen werden. So mussten zum Beispiel die mehr als zwei Millionen Einwohner Phnom Penhs die Stadt innerhalb weniger Tage räumen. Zehntausende Kambodschaner starben bei diesen Gewaltmärschen aufs Land. Die Roten Khmer schafften jegliche religiöse Praktiken, Geld und Privatbesitz ab; Sprachen und Bräuche von Minderheiten verboten sie. Kulturelle und religiöse Einrichtungen, Schulen und Betriebe wurden zerstört. Buddhisten und Christen, Geistliche und Mönche wurden ebenso verfolgt wie ethnische Minderheiten, darunter Chinesen, Vietnamesen, Thais und insbesondere die muslimischen Cham. Aber auch Angehörige der Armee, der Polizei und Beamte mussten die neuen Machthaber fürchten. So wurde nicht nur die gesamte Gefolgschaft des gestürzten Lon Nols ausgeschaltet, selbst Mitglieder der Khmer-Kader fielen Säuberungsaktionen zum Opfer. Von fast acht Millionen Einwohnern Kambodschas sind in den vier Jahren des Roten Khmer Regimes mindestens 1,7 Millionen Menschen umgebracht worden oder starben an Hunger, Überarbeitung oder Krankheiten. Neuere Schätzungen sprechen sogar von bis zu 3 Millionen Opfern. Sinnbild für den Terror wurde das Folter- und Verhörzentrum Tuol Sleng bei Phnom Penh. Von den etwa 14.000 Inhaftierten, die zwischen 1975 und 1979 in das "Sicherheitsgefängnis 21" gebracht wurden, überlebten nach Angaben der Gedenkstätte des Foltergefängnisses Tuol Sleng nur sieben Insassen. Überall sind in der ehemaligen Schule Bilder von gefolterten aufgehängt und man sieht wie die Gefangenen wie Tiere in kleinen Holzzellen gehalten wurden. Gestanden die Häftlinge nach langer Folter sich einer Straftat gegen die Rote Khmer schuldig zu sein, wurden sie in Lastwagen zum Killingfield von nach Choeung Ek, in der Nähe von Phnom Penh gebracht. Um Munition zu sparen, wurden die Todgeweihten in diesem Exekutionszentrum nicht erschossen, sondern mit Eisenstangen, Äxten oder ähnlichem erschlagen. Kinder wurden gegen Bäume geschlagen, bis sie tot waren. Die Toten wurden in Massengräbern verscharrt, die auch heute noch deutlich sichtbar auf dem Gelände vorhanden sind. 17.000 Menschen wurden auf diesem Killingfield umgebracht. Durch starken Regen und Erosion kommen immer noch Kleidung und Knochenreste aus dem Boden, die von den Mitarbeitern der Gedenkstätte alle zwei bis drei Monate eingesammelt werden. Die Totenschädel werden heute zum Teil in einem Stupa aufbewahrt, der zum Gedenken an die Toten auf dem Gelände in Choeung Ek errichtet wurde. Da teilweise mehr Leute pro Tag ankamen, als getötet werden konnten, wurden die Leute temporär in einem „Warteraum“ eingesperrt. Damit die auf ihren Tod wartenden Leute die Schreie der Sterbenden nicht hören konnten, wurde die Anlage mit Musik beschallt. Mit einem wirklich gut gemachten Audioguide geht man hier durch das Areal und bekommt die einzelnen Stationen erklärt. Wir haben eine ganze Stunde kaum miteinander gesprochen und waren nach dem Rundgang wirklich fertig. Es ist kaum zu beschreiben wie man sich fühlt, wenn man vor den Massengräbern oder dem Killingtree steht und Überlebende schildern das Erlebte oder beschreiben wie es hier ausgesehen, getönt und gerochen hatt. Ein lehreicher intensiver und sehr trauriger Tag der noch lange nachklingt aber auch dabei hilf Land und Leute etwas besser zu verstehen. Gleichzeitig macht es aber genau dies auch schwieriger, da man weiss das jeder über 40 diese Greultaten auf der einen oder anderen Seite miterlebt hat. Gerade die Tatsache, dass diese Geschehnisse noch nicht so lange her sind, macht das ganze so intensiv da der abschwächende Nebel der Zeit fehlt
Auf dem Weg in den Norden sind wir in Kompon Luong hängengeblieben. Das Dorf hat fast 10000 Einwohner eine Kirche, Mechaniker, eine Bäckerei und eine Tankstelle. Hald alles was zu einem normalen Dorf so dazugehört. Und doch ist es kein normales Dorf, denn alles hier steht auf Flosen und schwimmt.
Für unsere, von der fast schon sterilen schweizer Sauberkeit geprägten, hygenischen Ansprüchen eher gewöhnungsbedürftig. Den der See ist für die Bewohner dieses Dorfes Nahrungslieferant, Mülleimer und Kanalisation in einem. Oder anderst gesagt: Das Nachtessen, also der Fisch kommt hier aus dem gleichen Wasser wohin er nach dem Verdauen wieder zurückgeht und die Fischinnereinen werden ins gleiche Wasser geworfen mit dem man nach dem Essen die Teller reinigt. Darum haben wir auch auf das Waschen vor dem Schlafen gehen verzichtet da wir uns durch den Kontakt mit dem Wasser nicht unbedingt sauberer Gefühlt hätten. Der Besitzer des Hauses hat uns am nächsten Morgen mit dem Boot sein Kompong Luang gezeigt.
Auf dem Rückweg kam uns die Schule entgegen welche gerade an ein anderes Ort gezogen wurde. 3 bis 4 mal im Jahr passiert dies übrigens mit dem ganzen Dorf um den Standort dem neuen Wasserstand anzupassen.
Dafür wird einfach das ganze Haus an das Boot gekettet und an den neuen Platz gezogen.
Der Besuch in diesem schwimmenden Dorf war eine eindrückliche Erfahrung und zeigte uns, wie anpassungfähig Menschen sein können, oder sein müssen.
Über Battambang wo wir einen gemeinnützigen Zirkus besucht haben sind wir nach Siem Reap, oder dem Ausgangspunkt für Angkor Wat besuche gereist. Hier hat die Regenzeit das erste mal so richtig zugeschlagen und wir mussten unser Watbesuch um drei Tage verschieben. Um ehrlich zu sein, kam uns diese Pause gar nicht so ungelegen, denn wir brauchen nach fast einem Jahr unterwegs viel öfters kleine Reisepausen als zu Beginn unseres Trips. Wir gönten uns eine Massage und absolvierten einen Kochkurs. Der begann natürlich auf dem Markt, was immer wieder eine Herausforderung ist, besonders für einen Teil unserer Reisegruppe. Dazu kommt noch, dass es sehr viele Menschen hat und die Ausweichmöglichkeiten in den sehr engen Gassen eher beschränkt sind. Mit einem Rucksack kann es dann schon mal vorkommen, dass man einen Schweinekopf auf den Boden wirft. Hmmm, diese Blicke waren doch sehr unangenehm, nix wie weg hier. Nur das Schwein schaute auch am Boden äusserst zufrieden dem regen treiben zu. Das Kochen machte uns riesigen Spass und voller stolz genossen wir zum Schluss unsere Speisen. Am nächsten Tag ging es zu Kambodschas "must do", den Tempeln von Angkor. In dem, zwischen dem 8. und dem 13 Jahrhundert erbauten, Tempelkomplex befinden sich 1000 kleinere und grössere Tempel unteranderem das grösste Religöse Bauwerk der Welt, Angkor Wat. Besichtigt haben wir den riesigen Tempelkomplex übrigends mit dem Fahrrad. Treue Leser unserer Berichte wissen jetzt was kommt. Ja genau die Sache mit den schlaffen Schläuchen. Der Knall mit dem sich einer unserer Vorderreifen verabschiedete war so laut, dass um uns herum alle Tuktukpiloten fast aus ihren Fahrzeugen sprangen. Wir wollten ja etwas Geld sparen und haben uns darum mit dem Rad durch die heissen und staubigen Tempelwelten gequält. Da es keine Möglichkeit gab den Reifen zu flicken mussten wir wohl oder übel ein Tuktuk nach Hause nehmen. Dies war verständlicherweise recht teuer, mussten wir doch beide Fahrräder aufladen und hatten angesichts unserer Situation, eine etwas schlechte Verhandlungsbasis so weit draussen und ohne alternativen. Die Tempel sind riesig und gerade der überwachsene Ta Phrom wunderschön und doch hat uns Bagan in Myanmar etwas besser gefallen. Vielleicht aber auch nur weil sich dort die Touristenmassen etwas besser verteilen. Wir wollen gar nicht wissen wie es hier in der Hauptsaison aussieht. Appropo Myanmar: Kambodscha lässt sich ja betreffend Standart in etwa mit Myanmar vergleichen und genau an diesem Vergleich lässt sich erkennen, dass Tourismus nicht immer was gutes ist. Wir sind etwas erschrocken darüber, wie hier von den Einheimischen viel mehr die Verbindung von Tourist gleich Geld gleich gib mir was davon ab, bezogen wird als in Myanmar.
Gerade in Angor Wat hat das endlose "Oonly one Dolaaar" vieler Kinder fast schon ein bisschen genervt.
Klar war es nicht einfach die traurig dreinschauenden Kinder mit leeren Händen dastehen zu lassen. In vielen Reisebüchern und Berichten steht aber, man solle den Kinder kein Geld geben, da Eltern den Kindern die Schule verweigern damit sie Zeit für das lukrative Betteln haben.Diese Wahrnungen kamen anscheinend auch den Einheimischen zu Ohren und so wurde dem "Oonly one Dolaaaar"oft noch ein "and i go to school" angehängt. Wir wollen da aber nicht aus naiven überlegungen Myanmar in den Himmel loben, denn auch dort wird es, durch den stark wachsenden Tourismus, nur eine Frage der Zeit sein bis diese Problematik ebenfalls auftaucht.
Auf reisen sein wirft immer mal wieder neue Fragen auf die nicht so einfach zu beantworten sind. Fragen wie: Warum haben asiatische Katzen alle verkrüppelte Schwänze?, warum tragen Frauen in Kambodscha auch tagsüber Schlafanzüge?, warum haben viele Männer lange Fingernägel?, warum zahlt man an gewissen Sehenswürdigkeiten für die Kamera zusätzlich, Fotohandys sind aber gratis?, woher wissen die Einheimischen immer die genauen Abfahrtszeiten der Busse und wir warten bereits seit Stunden auf dem Busbahnhof?, Wenn es auf der Nordhalbkugel Vollmond ist, gilt dies auch für die Südhalbkugel?, warum fallen schlafende Kinder nicht vom Motorroller ?, warum haben sie in Südostasien zwar Kühe aber keinen Käse?, warum kosten Zweibettzimmer mehr als ein Doppelzimmer?, wo findet man das Southern Cross?, warum gibt es bei Busklimaanlagen nur ein "viel zu heiss" oder "eisig kalt" und kein "angeneh kühl"?, warum wird man gefragt was man Frühstücken will obwohl sie eh nur Pancakes haben?, wie kleben Geckos an der Decke und tun sich nicht weh, wenn sie runterfallen?, warum schreien asiatische Babys nie?, warum gewöhnt man sich an fast alles ausser an den Gechmack von Koriander?, warum sind in Asien die Kissen oft mehr hoch als breit?, warum gibt es in der Schweiz eigendlich eine MFK Kontrolle?, oder warum liegen Geschäfte mit gleichen Produkten oder Dienstleistungen immer so nahe beieinander?, Letzteres ist wirklich etwas, dass auffällt in Asien. Da gibt es in der ganzen Stadt nirgends eine Pizzeria und dann in einer Strasse fünf. Oder man sucht ewig eine Wäscherei und plötzlich hat man die Qual der Wahl. So verhält es sich auch mit Friseuren, Geldautomaten oder Apotheken. Teilweise bieten in ganzen Dörfern zig Stände die gleiche Frucht an.Vielleicht steckt da der gleiche Grund dahinter, weshalb auch alle Bussbahnhöfe immer weit ausserhalb der Städte liegen. Um den eifrigen Soldaten der Tuktuk Armee ein Einkommen zu sichern. Den vielleicht hat man ja Glück und lebt an der Friseurenstrasse braucht aber ein Tuk Tuk zum Apothekerweg, oder man wohnt bei den Garküchen hat aber Lust auf Pizza.
Appropos Essen kommt mir noch was in den Sinn. In Indonesien verwendet man den gleichen Begriff für Milch und Brust. Jedesmal wen man also im Restaurant etwas mit Milch bestellt, ist es äusserst spannend was als nächstes passiert..
Jetzt aber zurück zu unserer Reise. Über Kompong Cham sind wir weiter bis nach Krabie, wo man im Mekong die seltenen Irrawadydelphine sehen kann. Die seltenen Kerle sind die einzigen Süsswasserdelphine der Welt und dazu sehr schwer zu fotografieren. Auf einem Foto in der Galerie sieht man umgeben von viel Wasser etwas Schwarzes aus dem Wasser ragen, unten dran wäre einer dieser Delphine. Von Kratie ging auf direktem Weg über den Schlaglochhighway 2 an die Laotische Grenze. Die Strasse da hoch sah aus als hätten direkt unter der Strasse zwei Kontinentalplatten einen aufreibenden Positionskampf abgehalten und denoch kamen wir heil an. Wieviel man für das Visum bezahlen muss konnte uns im Vorfeld niemand genau sagen. Die einzige Antwort war immer: kommt drauf an! Und das stimmte wirklich! Nicht aber nur auf die Nationalität der man angehöhrt sondern auch auf die Laune des Beamten, die Uhrzeit, die Anzahl der Seitenumschlagsbewegungen bis zur nächsten leeren Seite im Pass und die Menge an Stempel die es benötigt. Insgesammt kamen wir auf 38 Dollar pro Person. 5 Dollar mehr als die Deutschen aber auch 5 Dollar weniger als die Israelis. Schweizer sind mit Japanern und Luxenburgern übrigens die einzigen welche kostenlos für 15 Tage einreisen dürften. Dafür Zahlen die einfach für 30 Tage 5 Dollar mehr als alle anderen. Das hat unsere Regierung ja wieder super hingekriegt. Die Stempelgebühr war übrigens 2 Dollar was, verglichen mit der Fachhochschule St,Gallen (Stempelgebür 5 Franken), fast schon ein Schnäppchen ist.

Ach ja gestalkt wurden wir auch noch. Seit Batambang folgt uns eine deutsche Familie von Ort zu Ort (oder je nach Betrachtungsweise wir ihnen). An Julia, Patrick und Elijahs: Es war echt schön mit euch und wir werden euch vermissen, haben aber irgendwie das Gefühl euch eh bald wieder zu sehen! An den kleinen: Vielen Dank dass du unser Freund bist!!! Und an die beiden grossen: vielen Dank nochmals für eure Gesellschaft und die lustigen, Hopfensaft vernichtenden, Abende!

Wir wünschen allen zu Hause eine gute Zeit und melden uns bald wieder aus Laos

Ps. Im Gästebuch befindet sich noch eine kleine Ergänzung zur Geschichte über den Superbäckpäcker Julian.

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