Lima

Über Bäuche von Eseln, Glücksspiele und rohem Fisch


Nach 33 Stunden unterwegs sind wir heil aber verdammt müde auf dem neuen Kontinent angekommen. Diese Müdigkeit hat sich im verlaufe der Woche als äusserst hartnäckig erwiesen. Wir waren müde bis zum Moment wo wir schlafen wollten und dann verhinderte ein unerwarteter Energieschub das Einschlafen. Aber das ganze ist wohl kein wunder bei einer Zeitverschiebung von 12 Stunden. Die Flüge mit Ethiopian Airline über Adis Ababa und Sao Paolo haben sich als gute Wahl herausgestellt. Die im ersten Moment etwas abenteuerlich klingende Airline bot neben dem unschlagbaren Preis auch brandneue Flugzeuge und einen super Service. Anderst gesagt: Wir waren irgendwie immer am essen. Unser erster Eindruck von Lima: riesig, laut, grau und trist. Wir waren wirklich froh, dass uns Nadja für die erste Woche Starthilfe gab und wir bei ihr wohnen durften. Danke dir nochmals von Herzen für deine Unterstützung.

Im Grossraum dieser Megacity leben 11 Millionen Menschen was fast ein drittel der peruanischen Gesamtbevölkerung ausmacht. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist die Einwohnerzahl Limas explosionsartig angestiegen. So sind auf den trockenen Böden und Berghängen am Stadtrand große Elendsviertel entstanden. Diese informellen Siedlungen werden "pueblos jovenes" genannt. In diesen „jungen Dörfern“ leben etwa zwei Drittel der Bevölkerung Limas. Die ersten Tage in Südamerika haben uns gezeigt dass es hier kulturell, kulinarisch, archidektonisch, ethnisch, meteorologisch, logistisch und botanisch völlig anderst ist als in Asien. Und das ist auch gut so! Denn genau diesen Wechsel auf allen Ebenen des Reisens haben wir gesucht. Nur eines ist gleich geblieben. Das man nämlich durch sein Äusseres schon von weitem als Fremdling erkannt wird und somit eine unglaubliche Anziehungskraft auf lernwillige Schüler ausstrahlt, welche ihre Englischkenntnisse aufbessern wollen. Als wir aber versuchten aus den noch lose in unseren Synapsen herumirrenden Spanischvokalen einen eingermasen sinnvollen Antwortsatz zu bilden, wurde uns gesagt wir sollen bitte in Englisch antworten, denn das sei die Vorgabe des Lehrers. Nach unserer Zeit bei Nadja haben wir ein Studentenapartment gemietet welches wir mit einem Holländer einer Amerikanerin und einer Peruanerin geteilt haben. Eine lustige Mischung.

An dieser Stelle noch ein kleiner Spartip für allfällige Perureisende. Was macht man, wenn man eine warme Mahlzeit will, aber nicht dafür bezahlen möchte?

In Lima ist die Antwort ganz einfach: Man geht ins Casino. Sobald man an einer Maschiene sitzt gibts dort nämlich gratis Essen und Getränke. Unsere Bilanz: 4 Gratisessen 8 Gratisbiere und eine Ausgeglichene Bilanz beim Spielen.

Die fast vier Wochen in Lima haben uns wirklich gut getan. Nach 14 Monaten unterwegs, war es schön für einige Wochen ein "Zuhause" zu haben und sich nicht um Busse, Hotels und Reiserouten kümmern zu müssen. So haben wir die Zeit nach der Schule, und nach dem erledigen der Hausaufgaben versteht sich, oft in unserem Apartment verbracht und das "an Ort und Stelle ruhen" genossen.

Doch nach 3 Wochen konnten wir es bereits wieder spüren. Das leichte kribbeln, dass von den Beinen hoch in den Kopf steigt, sich dort vorbei an den immer noch ziemlich unkoordinierten Vokabeln schleicht, um im Endteckerzentrum die Lust auf neue Abenteuer anzuregen. Wir sind wieder Startklar!


Wie sehen wir Lima nach fast einem Monat im Sog dieser Stadt. Klar ist sie laut und klar ist sie in manchen Gegenden grau, gefährlich oder dreckig. Doch welche Stadt mit über 10 Millionen Einwohnern kann schon von sich behaupten genau dies nicht zu sein. Es gibt sicherlich schönere Orte auf dieser Welt. Wir haben uns aber wärend der ganzen Zeit durchaus wohl gefühlt und auch zwei, drei wirklich gemütliche Plätze gefunden. Auch in Sachen alltäglicher Verköstigung hat Lima einiges zu bieten. Zum Beispiel Ceviche – ein Salat mit Zwiebeln und rohem Fisch welcher aber durch die Zugabe von Limettensaft gar ist. Oder Causa Limeña, eine kalte Vorspeise, die aus gestampften Kartoffeln und Thunfisch oder Hühnchen besteht. Dies Zutaten werden wie in eine Form gepresst und dann aufeinander geschichtet. Etwas das man vorallem an kleinen Essensständen in den Straßen der Stadt findet, sind Anticuchos. Kleine Spiesse mit mariniertem Rinderherz. Klingt zwar komisch ist aber verdammt lecker.

Wo die Stadt wirklich nicht zu überzeugen vermag, ist beim Wetter. Gerade mal an zwei Tagen zeigte sich die Sonne. Ansonsten war es einfach nur Grau. In allen möglichen Abstufungen zwar aber hald einfach Grau. Durch den kalten Humboldstrom, der an der Küste von Süden nach Norden fließt, wird die warme Pazifikluft abgekühlt und kondensiert zu Nebel. Der Nebel wird “La Garua” genannt und hängt von Mai bis Oktober über Lima. Diese dicke Wolkenschicht, von den Limeños auch Panza de burro (Bauch des Esels) genannt, wird oft von Nieselregen und niedrigen Temperaturen begleitet. 


Gerade auch wegen des Wetters freuen wir uns jetzt auf den restlichen, den wahren Teil von Peru. Denn, wie selbt Peruaner sagen, Lima als ganzes, und schon gar nicht die modernen Stadtteile Miraflores, Baranco und San Isidro zeigen das wirkliche Peru. Hoffentlich, denken wir uns da, und machen uns erwartungsvoll auf den Weg.


Da wir, neben unserem reiseerschöpften Geiste, auch der Kamera eine Ruhepause gönnten, sind in diesen Tagen des intensiven Fremdsprachen büffeln, kaum Fotos entstanden. Damit es für die Freunde des Lichtbildes doch noch etwas zu sehen gibt, hat es eine kleine Auswahl an Bildern in der Galerie welche unter dem Titel "Well used" zusammengefasst sind. Die Fotos sind alle im Laufe des letzten Jahres entstanden und zeigen Gegenstände, die ihre beste Zeit schon hinter sich haben, gut gebraucht hald. Dinge die bei uns schon längst entsorgt, ersetzt, übermalt, restauriert, renoviert, modernisiert, oder einfach vergessen worden wären. Dinge die sich mit treuer Pflichterfüllung eine Daseinsberechtigung erhalten oder die durch das Fehlen von Ressourcen seitens der Besitzer eine Galgenfrist bekommen.


Euch allen eine schöne Vorweihnachtszeit (uns ist als hätten wir dies schon einmal geschrieben)


Hasta la próxima!


Eure Domis