Über silberne Berge, rosarote Porsches und schwarze Märkte.
Nach der Rückkehr aus der Salzwüste sind wir noch am gleichen Tag ins 4 Stunden entfernte Potosi gefahren.
Potosi liegt auf fast 4000 Meter und ist mit 180000 Einwohnern eine der höchsten Grosstädte der Welt. Der Grund warum sich diese Stadt genau an diesem Ort befindet ragt gleich hinter der Stadt 1000m in den Himmel. Der Cerro Rico, ein mit Silber und Zinn gefüllter Berg aus dem bereits die Inkas Silber gefördert haben und vom dem die Stadt noch heute abhängig ist.
Durch das Vorantreiben des Abbaus durch die Spanier war Potosi um 1550 eine der grössten und reichsten Städte der Welt. Man sagt, dass man mit allem Silber welches aus dem "reichen Berg" geholt wurde, eine Brücke von Potosi bis nach Madrid bauen könnte. Potosí war jahrhundertelang ein Synonym für Reichtum. So gibt es im Spanischen immer noch die Redensart vale un Potosí für: „Es ist ein Vermögen wert“.
Doch gibt es auch eine Kehrseite der Silbermünze. Alle jene, welche die eigentliche Arbeit im Berg verichteten und immer noch verrichten, stehen auf dieser Seite der Münze. Bis zu 15000 Arbeiter schuften tagtäglich in der Miene. Kaum Sicherheitsvorkehrungen, Unfälle, unkontrollierte Explosionen und Langzeitschäden durch die schlechte Luft führen dazu das die Lebenserwartung der Arbeiter weit unter dem Durschnitt liegt. Die Anzahl der Menschen, welche in den vergangenen 500 Jahren ums Leben kamen, geht in die Millionen. Auch der spanische Versuch, schwarze Sklaven einzuführen, scheiterte an der Sauerstoffarmen Höhenluft. Die meisten starben, bevor sie unter Tage eingesetzt wurden.
Wir haben uns einer Tour angeschlossen um diese Miene zu besuchen.Vor der eigentlichen Besichtigung muss man aber noch auf den Mercado de Mineros um Geschenke für die Minenarbeiter zu kaufen. Und was schenkt man einem Mienenarbeiter? Dinge die er hald so braucht um erfolgreich zu sein. Cocablätter, Bier, Schnapps, Handschuhe und natürlich Dynamit. Dieser Markt ist der einzige Ort auf der Welt auf dem man ganz legal Dynamit kaufen kann.
Da sich meine(Dömi) Platzangst nach etwa 15 Minuten in der Mine bemerkbar gemacht hat musste ich die Tour leider abbrechen. Draussen angekommen nahmen mich unverzüglich drei Mineros in ihre feuchtfröhliche Arbeitsvorbereitungstrinkrunde auf. Morgens um 10 Uhr, 97% igen Alkohol gemischt mit Orangensaft aus einem Benzinkanister trinken und dass auf 4000 MüM.
Als Domi 40 Minuten später aus dem Berg kam hatte ich es bereits äusserst lustig mit den dreien.
Auch sie hatte anschliessend keine Chance sich vor dem trinken zu drücken.
Kurzerhand haben sich die drei entschlossen heute nicht zu arbeiten und dafür mit uns in der Minerosbar noch einige Biere zu trinken. Ist eh gesünder!!! Viva la Bolivia dachten wir uns das ist mal eine Arbeitseinstellung.
Nach zwei weiteren Stunden mussten wir aber die Segel streichen und ins Bett. Es war aber auch schon zwei am Nachmittag.
Weihnachten wollten wir in Boliviens Hauptstadt Sucre verbringen. La Ciudad blanca ist genau der richtige Ort für dies. Einigermasen ruhig, schöne Caffees und gute Restaurants. Wir haben uns hier selbst beschenkt und sind für vier Tage in ein etwas teureres Guesthouse gezogen. Da über die Festtage irgendwie alles geschlossen war, haben wir die Zeit mit den schönen Caffees, den guten Restaurants, mit Berichte schreiben, Fotos bearbeiten, weitere Reiseroute planen, über fehlende Internetverbindung ärgern, Wäsche waschen und spazieren gehen verbracht. Alles Dinge hald welche man in so einer Reisepause macht. Was uns hier, vielleicht mehr als an jedem anderen Ort auf unserer Reise, aufgefallen ist war die sehr offensichtliche Schere zwischen Arm und Reich. Auf dem Plaza 25 de Mayo, dem zentralen Platz der Stadt zeigte sich diese am extremsten.
Aufgedackelte Frauen und Männer in Begleitung eines nicht weniger aufgedackelten Dackels der in Sachen Kleidung und Farbe der Fingernägel der Besitzerin angepasst wurde. Ihnen dicht auf den Fersen ein weiteres Mitglied der Familie, welches in einem rosaroten Elektrospielzeugporsche den anderen Passanten in die Beine fährt. Gleich nebenan eine arme Familie vom Land welche bettelt, irgendwelche Kleinigkeiten verkauft oder einfach nur wartet bis irgendwo in der Nähe ein Auto den Kofferraum öffnet, da sie hoffen, vielleicht diesmal eines der von Hilfsorganisationen verteiltes Weihnachtsgeschenk zu ergattern. Die Frau traditionell gekleidet. Ein Kind mit einem Tuch auf den Rücken gebunden und ein zweites halb nackt vor ihren Füssen auf dem kalten Boden mit einem Plastikbecher spielend. Der Mann mit alten dreckigen Kleidern, einfachen Schuhen aus alten Autoreifen und einem Gesicht welches durch die harte Arbeit und die starken Höhensonne mindestens 15 Jahre älter erscheint als er wirklich ist. Kreuzen sich dann die Blicke dieser zwei Extremen passiert aber etwas erstaunliches. Denn in den Blicken der armen Landbevölkerung fand man kein Neid oder Hass. Eher lies sich Gleichgültigkeit, Unverständniss und manchmal sogar ein klein wenig Belustigung erkennen. Vielleicht war dies aber auch nur Interpretation unsererseits um diese soziale Ungeretigkeit für uns etwas erträglicher zu machen.
Ebenfall merkt man wie priviligiert wir eigentlich sind und wie schön das es ist auf der Elektroporscheseite des Lebens zu stehen.
Mit dem Nachtbus gings von Sucre nach Cochabamba von wo man in den nahegelegenen Nationalpark von Torotoro gelangt. Das stand auf jedenfall so im Reiseführer. Für jemanden der in schweizer Distanzverhältnissen aufgewachsen ist bedeutet nahe aber manchmal etwas anderers als draussen in der grossen Weiten Welt. 6 Stunden ging es in einem kleinen Minivan über eine von Hand gefertigte Pflastersteinstrasse auf die Hochebene des Parks. Das ist etwa so wie wenn man sagt, das nahe bei Rorschach eine Stadt liegt in der 2006 die Olympischen Winterspiele stattgefunden haben.
Auf dieser Fahrt haben wir den zweiten Lucho unserer Reise kennengelerrnt. Er ist in Torotoro aufgewachsen und hat uns nach der Ankunft gleich sein Dorf gezeigt und uns zum Tee eingeladen. Ein wirklich interessanter alter Mann der uns zwei Stunden aus seinem Leben erzählt hat.
Nach ein paar Jahren in Torotoro ist seine Familie nach Valegrande nahe Santa Cruz gezogen wo er dann als 17 Jähriger mehrere male auf einen Mann Namens Ernesto Rafael Guevara de la Serna oder einfach Che Guevara traf. Er hat dort auch die Ermordung dieser Kultfigur miterlebt.
Nach dem Nationalpark gings über Cochabamba, wo wir das neue Jahr begrüsst haben, bereits wieder nach La Paz. Weder Cochabamba selbst noch der Silvesterabend haben aber eine weitere Erwähnung verdient!
Wie und was ist La Paz.
Ist es die grösste Stadt Boliviens? Nein das ist Santa Cruz de la Selva. Ist es die Hauptstadt Boliviens? Nein das ist Sucre. Und ist es die schönste Stadt Boliviens? Nein sicherlich auch nicht. Doch was ist die wohl bekannteste Stadt Boliviens eigendlich?
Auf den ersten Blick ist La Paz erstmal ein riesiger Kessel gefüllt mit roten Backsteingebäuden. Ein rotes Häusermeer. Steile Felshänge welche selbst für die mutigsten Einwohner zu steil sind um ihr Heim hinzustellen sind die einzigen "Grünflächen" in dieser Stadt
Ja " La nuestra Señora de la Paz" ist auf den ersten Blick wirklich nichts schönes und sie rollt für Touristen schon gar keinen Roten Teppich aus. Doch irgendwie hat die Señora was. Uns wurde es in den sechs Tagen zu Besuch bei ihr auf jedenfall nie langweilig.
La Paz ist El Alto. 400 Meter hoch über La Paz befindet sich der ehemalige Stadtteil. El Alto bot zu Zeiten der Neuansiedlung Raum für die Armen der Gesellschaft, für die Aymara-Indianer aus den umliegenden Dörfern des Hochlandes, die in La Paz ihr Glück, aber vor allem Arbeit suchten. Inzwischen gehört die Vorstadt El Alto nicht mehr zu La Paz. El Alto, eine Ansammlung aus Backsteinbauten und Wellblechdächern, ist eine eigenständige Stadt. Eine der größten und am schnellsten wachsenden Städte des Landes. Niemand weiß genau, wie viele Menschen inzwischen in El Alto leben. Schätzungsweise mehr als 900 000, damit hat El Alto La Paz überhohlt
La Paz ist auch eine Armada an alten, farbig angemalten amerikanischen Schulbussen welche zusammen mit einer unglaublichen Anzahl an weissen Minibussen die Möglichkeit des öffenlichen Vorwärtskommen bilden. Bunte Tafeln an den Frontscheiben zeigen wohin der Buss fährt, wenn er dann fährt. Das der Fahrer vor lauter Tafeln ein nur sehr eingeschränktes Sichtfeld hat ist hier nur nebensächlich.
Irgendwo am Fahrzeug findet sich auch ein Aufkleber der Bestätigt das Jesus mitfährt, das Jesus die Mitfahrenden liebt, das der Fahrer Jesus liebt, oder das Jesus grundsätzlich ein cooler Typ war!
La Paz sind die hunderten Schuputzer welche mit schwarzen Skimasken getarnt den gestressten Geschäftsleuten für 20 Rappen die Schuhe polieren. Die schwarzen Masken tragen sie nicht um sich vor den starken Abgasen zu schützen sondern aus Scham diese Arbeit ausüben zu müssen.
La Paz ist auch eine riesige Marktfläche. Sei es der Mercado Negro, der inoffiziell, offizielle Schwarzmark auf dem es einfach alles zu kaufen gibt. Oder der Mercado Hechereria der Hexenmark wo es Kräuter, Amulette, Talismänner und Lamaföten zu kaufen gibt. Ein Lamafötus wird übrigens beim Bau eines Hauses im Fundament vergraben, was das Haus und deren Bewohner vor Bösen Geistern schützen soll.
Ansonsten werden ganze Strassen einfach zu einem Markt umgewandelt wo die Marktfrauen den ganzen Tag auf dem Boden sitzen und fünf Bananen oder drei vier Tomaten verkaufen.
La Paz ist San Pedro. Das berüchtigte, mitten in der Stadt gelegene, Gefängnis. Die Anstalt ist wie eine kleine Stadt in der Stadt mit eigenen Gesetzen und Regeln. Die Häftlinge leben dort mit ihren Familien, es gibt Läden, Jobs und es ist ein offenes Geheimnis das die Insassen das reinste Kokain des Landes produzieren. Die Zellen variieren in der Ausstattung je nachdem wieviel Geld der Häftling aufbringen kann. Die Räume werden regelrecht gehandelt und wen jemand nicht genügend Geld für eine eigene Zelle hatt kann er einen Raum bei einem "reichen" Häftling einen Raum mieten. Obwohl unterdessen eigentlich Illegal könnte man dieses Gefängniss als Tourist immernoch besuchen. Auf dieses Abenteuer haben wir aber gerne verzichtet.
La Paz ist auch der Flughafen El Alto. Mit 4061 MüM der höchstgelegene internationale Flughafen der Welt. Piloten brauchen eine Spezialausbildung um hier Landen zu dürfen. Die Startbahn ist 4 km lang und die Flugzeuge müssen mit einer viel höheren Geschwindigkeit Starten um in der dünnen Höhenluft genügend Auftrieb zu erhalten.
Wie gesagt, La Paz ist eine sehr spezielle Stadt.
Von La Paz aus haben wir uns am letztenTag auf auf den Camino de la muerte getraut. Dies ist nicht irgendeine Jahrmarktsatraktion sondern eine Strasse nahe der Stadt.
Wir schreiben das Jahr 1930. Bolivien befindet sich gerade im Krieg mit Paraguay. Es geht um den Chaco, den eigentlich niemand will und braucht. Doch das wissen die Kriegsbeteiligten noch nicht. Auf beiden Seiten kommt es zu Gefangenen, mit denen sie gar nichts anzufangen wissen. Nach reichlichen Überlegungen kommen beide Parteien zu mehr oder weniger intelligenten Lösungen.
Die bolivianischen Gefangenen holzen den paraguayischen Chaco ab, um Platz für Städte zu schaffen und Paraguayer arbeiten an einer Straße die La Paz mit dem Regenwald im Norden Boliviens verbinden soll. Bis dahin gibt es keine Verbindung zwischen dem kalten Altiplano, auf über 4500 Metern, und den Yungas, den warmen, immer feuchten Wäldern des Amazonasbeckens, tief unten auf 1200 Metern. Die paraguayischen Zwangsarbeiter schlagen sich mehr als 60 Kilometern durch das dichte Gestrüpp der Yungas und überwinden dabei 3450 Höhenmeter. Das Resultat ist eine einspurige, schlecht ausgebaute Straße, direkt am Abhang gelegen. Leitplanken gibt es keine. Regen, Nebel, Steinschläge und Erdrutsche gehören zu den größten Gefahren auf dieser Strecke. Hier ereigneten sich immer wieder Unfälle mit tödlichem Ausgang. Jedes Jahr fanden 200 bis 300 Menschen auf dieser Straße ihren Tod. In über 70 Jahren verlohren knapp 22.000 Menschen ihr Leben auf der Strecke, weshalb sie 1995 von der Interamerikanischen Entwicklungsbank zur „gefährlichsten Straße der Welt“ ernannt wird. 1983 stürzt auf dem oft matschigen und morastartigen Untergrund der Straße ein Reisebus in die Tiefe und mit ihm 100 Menschen in den Tod. Seit 2006 gibt es eine neue Strasse und die Death Road wurde für den Tourismus geöffnet. Mit dem Bike und fährt man die 3450 Höhenmeter auf dieser Schotterpiste hinunter ins Tal Es war wirklich ein cooles Erlebniss und wenn man nicht wie ein völliger Vollpfosten auf dem Mountainbike sitzt gar nicht so gefährlich.
Was auch La Paz, oder besser gesagt Bolivien, ist sind Strassensperren. Wenn es den Leuten in El Alto zum Beispiel nicht passt was die Regierung unten im Kessel von La Paz so zusammen regiert blockieren sie hald eine der wenigen Zufahrtsstrasse um ihren Willen durchzusetzen. So passiert als wir La Paz Richtung Titicacasee verlassen wollten. Unser Busfahrer fand glücklicherweise eine andere Strecke in dem er kurzerhand irgendwelche Kartoffelfelder, Flussläufe und Fussballplätze als Strasse missbrauchte.
Noch kurz was zum Reisen in Südamerika.
Was hier, im Vergleich zu Asien, sehr angenehm ist, ist ist die Tatsache, dass man ohne Visapflicht von Land zu Land reisen kann. So auch nach Bolivien ausser man ist Staatsbürger der USA. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat, um die Einwanderung aus Bolivien etwas einzudemmen, ein 150 Dollar Visum für Bolivianer eingeführt. Als Racheakt hat die bolivianische Regierung kurzerhand ein 160 Dollar Visum für US Bürger eingeführt. Diese Visumspflicht gilt auch, da gute Freunde der Amis, für Israelis.
Das Problem ist nur, dass genau diese zwei Nationen einen grossen Teil der Touristen ausgemacht haben und jetzt fernbleiben. Gut für uns, da weniger Touristen und vorallem weniger Israelis, schlecht für den bolivianischen Tourismus, dem jährlich geschätzte 180 Millionen Dollar durch die Finger gleiten.
Wir werden jetz nach Peru zurückkehren und für unsere Verhältnisse zügig an die Grenze zu Ecuador reisen um für die nächsten Länder noch genügend Zeit zu haben.
Bis bald eure Domis!!!!!!
Kommentar schreiben